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Schulangst bei Autismus: Ein unterschätztes Thema

Schulangst ist ein Thema, das viele Familien betrifft und für betroffene Kinder eine immense Belastung darstellen kann. Besonders bei autistischen Kindern und Jugendlichen treten oft spezifische Herausforderungen auf, die die Angst verstärken oder in einer besonderen Form äußern. Diese Ängste bleiben häufig unerkannt, werden missverstanden, oder sogar ignoriert, was die Situation weiter verschärfen kann.

Während Schulangst bei neurotypischen Kindern oft auf Leistungsdruck oder soziale Konflikte zurückzuführen ist, spielen bei autistischen Kindern zusätzliche Faktoren eine Rolle. Reizüberflutung, das Gefühl des Nicht-Verstanden-Werdens und der immense Druck, sich den sozialen Erwartungen anzupassen, sind nur einige der Ursachen, die bei autistischen Kindern Schulangst auslösen können.

Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Lösungsansätze und zeigt, wie Schulangst bei autistischen Kindern gelindert werden kann.

Ursachen von Schulangst bei autistischen Menschen

Autistische Kinder und Jugendliche stehen in der Schule vor besonderen Herausforderungen, die Schulangst auslösen können. Hier sind die Hauptursachen:

1. Reizüberflutung in der Schule:

Schulen sind oft laute, hektische und grell beleuchtete Umgebungen, die für autistische Menschen eine Überforderung darstellen können. Pausenlärm, enge Räume und ständige Wechsel zwischen Aktivitäten verstärken diese Belastung.

2. Schwierigkeiten mit sozialen Erwartungen:

Viele autistische Kinder haben Probleme, die ungeschriebenen Regeln sozialer Interaktionen zu verstehen. Der Druck, sich anzupassen und Beziehungen zu Mitschüler*innen oder Lehrer*innen aufzubauen, kann überwältigend sein und zu Rückzug oder Angst führen.

3. Maskierung und emotionale Erschöpfung:

Um nicht aufzufallen oder akzeptiert zu werden, „maskieren“ viele autistische Kinder ihre wahren Gefühle und Bedürfnisse. Das ist extrem anstrengend und führt oft zu Erschöpfung und einem Gefühl von Überforderung. Das kann die Schulangst weiter verstärken.

4. Mobbing und Missverständnisse:

Autistische Kinder sind häufig Ziel von Mobbing, weil sie sich anders verhalten oder kommunizieren. Gleichzeitig werden ihre Bedürfnisse und Grenzen oft missverstanden, auch von Lehrer*innen, was die Situation zusätzlich verschärfen kann.

Symptome und Ausdrucksformen

Schulangst äußert sich bei autistischen Kindern und Jugendlichen auf unterschiedliche Weise. Die Symptome werden oft übersehen oder falsch interpretiert, was die Situation für die Betroffenen zusätzlich erschwert. Hier sind einige typische Ausdrucksformen:

1. Körperliche Beschwerden:

Viele Kinder klagen über wiederkehrende Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Übelkeit, ohne dass eine körperliche Ursache gegeben wäre. Diese Symptome sind häufig Ausdruck von Stress und Angst.

2. Schulverweigerung:

Manche autistischen Kinder entwickeln eine starke Abneigung gegen die Schule und weigern sich, hinzugehen. Diese Verweigerung wird leider oft als Trotz oder Faulheit missverstanden. Dabei ist sie meist eine Schutzreaktion, mit der das Kind versucht, sich zu schützen.

3. Soziale Rückzüge und Meltdowns:

Betroffene ziehen sich oft aus sozialen Situationen zurück, wirken in sich gekehrt oder meiden den Kontakt zu Mitschüler*innen. In belastenden Situationen kann es auch zu Meltdowns kommen, bei denen die Überforderung sichtbar wird.

4. Häufige Missinterpretationen:

Das Verhalten der Kinder wird oft falsch gedeutet. Verweigerungshaltungen oder emotionale Ausbrüche werden leider als „unerzogenes Verhalten“ oder „fehlende Disziplin“ angesehen, obwohl sie klare Signale von Überforderung sind.

Lösungsansätze

Die Überwindung von Schulangst bei autistischen Kindern erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der die individuellen Bedürfnisse berücksichtigt. Hier sind einige Lösungsansätze:

1. Reizreduktion in der Schule:

Schulen können ruhige Rückzugsorte einrichten, die den Kindern ermöglichen, sich in stressigen Momenten zurückzuziehen.

Die Raumgestaltung kann z. B. durch gedämpftes Licht oder schallabsorbierende Materialien angepasst werden. Das kann die Reizüberflutung der Kinder reduzieren.

Der Einsatz von Kopfhörern oder anderen Hilfsmitteln zur Geräuschminderung kann für viele Kinder eine große Erleichterung sein.

2. Individuelle Unterstützung:

Ein individuell angepasster Stundenplan kann helfen, Überforderung zu vermeiden. Dazu gehört unter anderem das Einplanen von Pausen und oder einer Reduktion der Stunden, weil dadurch der Stresspegel so weit gesenkt werden kann, dass es dem Kind möglich wird, die Schule zu besuchen.

Visuelle Hilfsmittel wie Stundenpläne, Checklisten oder klare Anweisungen unterstützen autistische Kinder bei der Orientierung.

Eine enge Zusammenarbeit mit Schulbegleiter*innen kann den Schulalltag erleichtern.

3. Aufklärung des Umfelds:

Lehrer*innen, Mitschüler*innen und Eltern sollten über Autismus und die spezifischen Bedürfnisse der Kinder informiert werden. Das kann durch Schulungen oder Workshops geschehen.

Anti-Mobbing-Programme, die gezielt auf die Stärkung von Empathie und Respekt abzielen, können ein sichereres Umfeld fördern.

Erkennen, dass „ungewöhnliches“ Verhalten oft ein Zeichen von Stress ist, kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

4. Therapeutische Unterstützung:

Traumatherapie oder spezifische Ansätze wie EMDR können helfen, Ängste langfristig zu verarbeiten.

Fachkräfte mit Erfahrung im Bereich Autismus können Strategien vermitteln, um mit belastenden Situationen besser umzugehen.

Eltern können in Beratungsgesprächen lernen, wie sie ihr Kind zu Hause unterstützen und stärken können.

Die Kombination dieser Ansätze bietet den besten Rahmen, um autistischen Kindern ein angstfreieres Lernen zu ermöglichen und ihre individuellen Fähigkeiten zu fördern.

Auf den Punkt gebracht:

Schulangst ist bei autistischen Kindern komplex und oft missverstanden. Wenn die Angst ignoriert wird, kann es nicht nur zu einer Verschlechterung der Problematik kommen, weil sich das Kind weniger verstanden fühlt, sondern auch zur Verweigerung des Schulbesuchs.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrkräften und Therapeut*innen ist entscheidend, um eine positivere Lernumgebung zu schaffen. Unabdingbar sind individuelle Lösungsansätze für das Kind.